„Der Bedarf nach mehr Sport ist da“

Bewegungsförderung schon im Kindergarten sinnvoll – LSVS-Projekt seit 2003 Zusätzliche Bewegung durch Sportklassen, Schülermentoren und AGs – SZ-Serie „Schule und Sport“, Teil 2

Um Schülern mehr Sportunterricht zu gewährleisten, haben Bildungsministerium und LSVS Sportklassen und Leistungs-AGs eingerichtet. Angebote wie Schülermentoren bleiben jedoch weitgehend unbeachtet.Durch „Kids in Bewegung“ können Kinder bereits vor ihrem Eintritt in die Schule sportlich gefördert werden. Ein Baustein des Sport-Projektes ist das Mini-Sportabzeichen.

Regionalverband. Dass man mit dem Begriff „Schulsport“ in erster Linie den Sportunterricht in der Schule verknüpft, ist logisch. Im Rahmen unserer Serie „Schule und Sport“ richten wir den Blick allerdings auch auf das, was außerhalb der mehr oder weniger beliebten Schulstunde mit Sportlehrer stattfindet. Heute geht es um Initiativen und Projekte, die den klassischen Schulsport im weitesten Sinne ergänzen sollen.

Hier gibt es beispielsweise Sportklassen oder Arbeitsgemeinschaften (AGs). Nach den Sommerferien 2012 wird es in etwa zehn Partnerschulen des Landessportverbandes für das Saarland (LSVS) Sportklassen geben. Weitere sieben Schulen bieten spezielle Leistungs-AGs an. „In der Regel hat die Sportklasse sechs Stunden Sport pro Woche. Mitmachen können die Schüler der 5. und 6. Klasse, teilweise auch der 7. Klasse“, erklärt LSVS-Leistungssportreferentin Karin Becker von der Talentförderung Saar, die wie das Ministerium für Bildung und die Schulen selbst an der Finanzierung der Sportklassen beteiligt ist. Gewöhnliche Schulklassen im Saarland haben nur zwei Stunden Sportunterricht pro Woche. Während die Sportklassen ihren zusätzlichen Unterricht auch vormittags in den Stundenplan einfließen lassen, finden die „Leistungs-AGs“ immer nach dem Unterricht in der 7. und 8. Stunde statt. „Der Bedarf nach mehr Sport ist bei Schülern mit Sicherheit da, aber wir können das nicht endlos ausweiten“, stellt Karin Becker, die beim LSVS auch für die Sportförderprogramme an Schulen zuständig ist, klar.

Aber: Viele Schulen rufen die Angebote des LSVS und des Ministeriums einfach nicht ab. Zum Beispiel die Förderung sogenannter „Schülermentoren“, die das Ministerium für Bildung zusammen mit dem LSVS und verschiedenen Sport-Fachverbänden vorantreiben will. „Das sollen Schüler sein, die selbst in einem Verein Sport treiben und Interesse daran haben, anderen ihr Wissen zu vermitteln“, sagt Becker. Dabei könnten sich die Mentoren von ihrem Verein oder dem Träger der Schule etwas Taschengeld dazu verdienen. Das Problem: Die Schulen müssen die Schüler anwerben, ehe sie vom LSVS ausgebildet und an Schulen eingesetzt werden können. Am besten klappt dies bei Freiwilligen Ganztagsschulen mit sogenannten „langen Gruppen“, also Nachmittagsbetreuung bis 17 Uhr.

Ganz allgemein mit dem Thema „Sport im Ganztag“ beschäftigt sich die gleichnamige Arbeitsgruppe, die aus Vertretern des Bildungs- und Sportministeriums, des LSVS und der Serviceagentur „Ganztägig Lernen“ besteht. Sie hat einen Qualifizierungskurs ins Leben gerufen, der sich an Erzieher sowie pädagogisches Fachpersonal richtet. „Zusatzqualifikation Bewegung im Ganztag“ heißt der aus acht Modulen bestehende Kurs, nach dessen Abschluss auch Trainerlizenzen erworben werden können. „Das Problem ist: Schülermentoren dürfen mit den Kindern nicht allein in die Sporthalle gehen, wenn sie keine Trainerlizenz haben. Also brauchen sie jemanden, der Aufsicht führt“, erklärt Karin Becker: „Wenn sich Erzieher für Sport begeistern können und sich anhand der Weiterbildung dafür qualifizieren, können sie die Mentoren begleiten.“ In den unterschiedlichen Modulen würde das dafür notwendige Grundwissen wie zum Beispiel zum Thema Recht und Aufsichtspflicht vermittelt.

Früh übt sich . . .

Regionalverband. Nicht nur mit Hilfe der oben genannten Initiativen kann man den Schulsport ergänzen. Schon vor dem ersten Schultag macht eine Förderung der Beweglichkeit Sinn. „‚Kids in Bewegung‘ ist entwickelt worden, um Bewegungsförderung im Elementarbereich zu verstärken und zu ergänzen“, erklärt Karin Schneider, Programmleiterin „Gesundheitsförderung im Elementarbereich“ des LSVS. Der Begriff „Elementarbereich“ meint Kinder bis sechs Jahre. ‚Kids in Bewegung‘ entstand 2003 als Pilotprojekt des LSVS zur Förderung der Kooperation zwischen Kindergärten und Sportvereinen und ist nun beständiges, saarlandweites Programm.

„Wir wissen, dass die Bewegung im Elementarbereich Motor der Entwicklung ist. Die Sprachentwicklung läuft zum Beispiel über Bewegung, die Hirnentwicklung bekommt ihren Input über die Bewegung und so weiter“, sagt Schneider: „In den ersten Lebensjahren setzt sich das Kind über Bewegung mit seiner Umwelt auseinander und hat auch einen natürlichen Bewegungsdrang. Aber wenn es den Raum und die Zeit dafür nicht bekommt, schlägt sich das in verschiedenen Defiziten nieder.“ Diese ließen sich später nur schwer korrigieren. „Es geht nicht um die Leistung, wie schnell ein Kind laufen oder wie hoch es springen kann. Sondern darum, dass es dies überhaupt koordinieren kann“, meint Schneider: „Wir bekommen ungefragt Rückmeldungen von den Grundschulen, die deutliche Unterschiede merken, welche Kinder von ‚Kids in Bewegung‘ gefördert wurden. Die sind einfach fitter. Das haben auch schon die Ärzte festgestellt, die Eingangsuntersuchungen machen.“

Ein Instrument von ‚Kids in Bewegung‘ ist das Mini-Sportabzeichen, das man früher als das Deutsche Sportabzeichen (ab acht Jahre) erhalten kann: Die Übungsleiter gehen in die Kindergärten und absolvieren spielerisch Beweglichkeits- und Geschicklichkeits-Übungen. Für jeden Teilnehmer gibt es eine Medaille – die vielleicht für den Einstieg in eine Sportkarriere motiviert.

„Jugend trainiert für Olympia“ als Talentschmiede auf Schul-Ebene

Regionalverband. „Jugend trainiert für Olympia“ ist mit etwa 800 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der weltgrößte Schulsportwettbewerb. 1969 wurde „JtfO“ als Initiative der Zeitschrift „Stern“ von Henri Nannen und Willi Daume sowie der Konferenz der Kultusminister ins Leben gerufen und bietet Schülern die Möglichkeiten, im schulischen Rahmen Wettkampf-Erfahrung zu sammeln.

Auch das Saarland kann sich als kleinstes Bundesland mit Erfolgen auf Bundesebene sehen lassen. Nach Angaben des Bildungsministeriums stellt das Saarland regelmäßig Bundessieger. Vor allem das Saarbrücker Gymnasium am Rotenbühl, eine Eliteschule des Sports, schneidet ständig erfolgreich ab. Nach Angaben des Ministeriums nehmen jährlich etwa 90 Prozent der Gymnasien, 80 Prozent der Gesamt- und Erweiterten Realschulen und 30 Prozent der Beruflichen Schulen des Saarlandes am Wettbewerb teil, der von Organisatoren als „Talentschmiede“ bezeichnet wird. Zahlreiche Spitzensportler gingen hieraus hervor, wie Ex-Schwimmerin Franziska van Almsick oder Ex-Tennisprofi Boris Becker.

Im Saarland machen trotz der G8-Reform und rückläufiger Schülerzahlen jährlich rund 6000 Schüler bei „JtfO“ mit. Im Frühjahr 2012 kamen fünf Schulen aus dem Saarland unter die besten zehn Mannschaften. Das Gymnasium am Rotenbühl wurde Neunter im Gerätturnen (Mädchen), Fünfter im Badminton (gemischte Mannschaft) und siegte im Tischtennis (Mädchen). Die Erweiterte Realschule Güdingen belegte in der gemischten Badminton-Wertung Platz sieben, die Handballer des Saarlouiser Max-Planck-Gymnasiums wurde Neunter. Das Cusanus-Gymnasium in St. Wendel belegte im Tischtennis Platz sieben (Mädchen) und im Volleyball wurde das Geschwister-Scholl-Gymnasium Lebach Vierter.

Veröffentlicht seit Anfang Juli 2012 in unterschiedlichen Lokalausgaben der Saarbrücker Zeitung.

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