Ein Wirbelwind fegt über Deutschland

Football: Saarland Hurricanes feiern Rückkehr in die Bundesliga – 28:7-Erfolg zum Abschluss gegen Darmstadt

Die Saarland Hurricanes haben am Samstag ihr letztes Spiel in der 2. Football-Bundesliga Süd gegen die Darmstadt Diamonds mit 28:7 gewonnen. Das bedeutet die Meisterschaft und den Aufstieg in die Bundesliga.

Saarbrücken. Ein Pfiff ertönt, der Stadionsprecher krächzt mit angeschlagener Stimme „Auuus, auuus. Das Spiel ist auuus!“ Etwa 30 echte Mannsbilder mit einem Durchschnittsgewicht von 110 Kilogramm stürmen den Rasen des Saarbrücker Ludwigsparkstadions. Es ist Samstag, 4. September 2010, genau 19.20 Uhr: Spieler und Trainer des Football-Zweitligisten Saarland Hurricanes feiern den 28:7-Sieg gegen Darmstadt, die Meisterschaft in der 2. Liga Süd und den Aufstieg in die Bundesliga.

Plötzlich erstickt die Jubelarie, und nur Sekunden später revidiert Torsten Reif, Stadionsprecher und Geschäftsführer der Canes, seine spontane Reaktion auf den Schiedsrichter-Pfiff und vertröstet die 1200 jubelnden Zuschauer auf das offizielle Spielende. Nur vier Minuten nach dem „Testlauf“ ist es dann endlich soweit, und alle Dämme brechen: Ein Meer von rot-schwarz umhüllten Muskelbergen ergießt sich über den grünen Rasen, Sektkorken und aneinander klatschende Schulterpanzer knallen um die Wette, und die Zuschauer spenden ihren Helden stehende Ovationen. Thorsten Scherer, der triefend nasse Cheftrainer der Canes, wird von zahlreichen Gratulanten umzingelt und stammelt immer wieder das Wort „Wahnsinn“ vor sich hin.

Bereits Minuten vor dem Abpfiff wurde Scherer von seinen Spielern Kevin Michel und Philipp Lorentz der obligatorischen Meistertrainer-Dusche unterzogen. Nachdem er sein nasses Hemd gegen ein trockenes Meister-Shirt getauscht hatte, wurde auch dieses auf ganz spezielle Weise und vom französischen Spieler Frederic Stickelmann getauft.

Nicht nur die Hemden von Trainer Scherer hatten es schwer, trocken zu bleiben. Auch die Augen so mancher Beteiligter kämpften gegen nahende Feuchtigkeit. Jan Thielen gestand beispielsweise: „Ich hatte einen Kloß im Hals, als die Mannschaft auf dem Podest stand und den Pokal in die Höhe streckte.“ Thielen hörte vor dieser Saison aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen mit dem Football auf und ist seitdem regelmäßiger Zuschauer seiner alten Mannschaftskameraden. Jochen Stumm fing hingegen gerade an, als Thielen die Mannschaft verließ. Nach seiner ersten Football-Saison darf auch er sich Bundesliga-Aufsteiger nennen: „Da muss ich erst mit Footballspielen anfangen, damit die Hurricanes mal Meister machen“, spuckt der Kicker nicht ganz ernst gemeinte Töne. Er steuerte beim letzten Saisonspiel zwei Punkte bei, die restlichen besorgten Luke McCann (zwölf), Kwame Agyin, Sven Loth (beide sechs) und Steven Schirra (zwei).

Während sich das Feiergeschehen vom Spielfeld weg hin auf den Platz neben der Haupttribüne verlagert, findet auch der mittlerweile angetrocknete Sportlehrer Scherer sein Sprachzentrum wieder. „Das nächste Spiel ist das schwerste“, scherzt der Cheftrainer, bevor seine Miene wieder ernster wird: „Die Mannschaft hat über die gesamte Saison eine wahnsinnige Entwicklung durchgemacht. Wir haben nie auf die anderen geschaut und immer an uns geglaubt.“ Kaum ist Scherer am Freibier-Stand oberhalb des F-Blocks angekommen, darf er sich von zwei seiner Spielern ein vorher nicht gekanntes Bild machen: Kevin Michel und Christoph Szepat flitzen gröhlend und splitternackt wie zwei Wirbelwinde über den menschenleeren Rasen. Die Canes sind zurück.

Auf Einen Blick
Stimmen zum Bundesliga-Aufstieg der Saarland Hurricanes:
Sebastian Keyereh (Receiver, Corner Back): „Wir müssen jetzt alle durchdrehen. Wir sind in der 1. Liga!“
Kwame Agyin (Running Back): „Jetzt wird’s chaotisch. Wir werden jetzt noch ein bisschen ausrasten.“
Jochen Stumm (Kicker): „Das ist wirklich so, wie viele sagen: Man braucht bestimmt erst ein paar Tage, um das alles zu realisieren.“
Philipp Rohner (Linebacker): „Ich bin total fertig. Gott sei dank habe ich jetzt erst einmal Urlaub.“
Thorsten Scherer (Trainer): „Es wird auf jeden Fall gefeiert, bis es hell wird.“
Torsten Reif (Geschäftsführer): „Heute Nacht heißt es: Hoch die Tassen!“
Jan Thielen (ehemaliger Spieler): „Ich freue mich so für die Jungs. Das ist saugeil.“

Veröffentlicht am 6. September 2010 in der Saarbrücker Zeitung

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