Daniel Jurgeleit: Die Saar-Derbys prägten seine Karriere

Daniel Jurgeleit verschlug es in den hohen Norden, in die Schleswig-Holstein-Liga

Von Jan Kirschner und Sebastian Zenner (SZ)

Flensburg. Daniel Jurgeleit geht auf und ab. Immer wieder schaut er auf die Uhr, ruft ab und an Anweisungen über den Platz. Nicht hektisch, aber laut und bestimmt. Die Zeit rennt seinem ETSV Weiche Flensburg davon. Es sind nur noch wenige Minuten bis zum Schlusspfiff – und im Derby der Schleswig-Holstein-Liga führt immer noch der Gast Flensburg 08 mit 2:1. „Bei uns laufen die Kombinationen noch nicht rund“, sagt der ETSV-Trainer. „Und beim Gegner werden Kräfte frei, den Sieg unbedingt verteidigen zu wollen.“ Dann die Erlösung: Nach einem zweifelhaften Elfmeter gelingt dem ETSV in der Nachspielzeit der Ausgleich.

Während einige auf der Bank die Anspannung nicht aushalten und sich vor dem Strafstoß abwenden, andere kurz darauf jubelnd emporspringen, bleibt Jurgeleit gelassen. Ebenso kurz darauf beim Abpfiff – und bei Schmährufen erboster 08-Anhänger. „Solche Derbys mögen wir, weil wir danach viel über sie reden können“, sagt er trocken. Der 46-Jährige strahlt eine Portion Souveränität und Abgebrühtheit aus, die man von jemanden erwartet, dessen Erfahrungsschatz weit über das örtliche Manfred-Werner-Stadion hinausreicht und der schon weitaus stärkere Mannschaften kennengelernt hat.

Jurgeleit war fast zwei Dekaden Fußball-Profi. Er spricht von „Erlebnissen“, wenn er an den Bundesliga-Aufstieg mit dem FC Homburg (1989), seine 29-Erstliga-Einsätze, Auftritte im Dortmunder Westfalen-Stadion und auf dem Kaiserslauterer Betzenberg oder den 4:2-Pokalcoup 1991 mit dem FCH beim großen FC Bayern München denkt. „Das war schon eine sehr schöne Zeit beim FCH“, erinnert sich Jurgeleit an die fünf Jahre im Saarland: „Das schönste Erlebnis war der Aufstieg in die erste Bundesliga. Im letzten Saisonspiel haben wir ein 0:1 gegen Schalke zum 2:1 gedreht und den direkten Wiederaufstieg klargemacht.“

Heute noch hat der Inhaber der Trainer-A-Lizenz Kontakt zu ehemaligen Mitspielern aus Homburger Zeiten: „So Leute wie Torsten Wohlert oder Lothar Dittmer trifft man bei diversen Benefiz-Spielen so zwei bis drei Mal im Jahr. Und Tobias Homp ist hier im Norden noch als Spieler aktiv“, erklärt Jurgeleit, der über die aktuelle Situation seines Ex-Clubs Bescheid weiß: „Ich verfolge den Werdegang von Homburg durchaus. Die waren ja wie Saarbrücken eine ganze Zeit weg vom Fenster und sind jetzt in die Regionalliga aufgestiegen.“ Derbys zwischen seinem FCH und dem 1. FC Saarbrücken bezeichnet der Ex-Stürmer heute noch als Höhepunkte seiner Karriere.

Geboren und aufgewachsen ist Jurgeleit in Düsseldorf. Bei Heimspielen der Fortuna im Flinger Broich kickten die Kinder in der Halbzeit auf dem Rasen. „Die Pause war immer viel zu kurz“, sagt er schmunzelnd. Die Idole seiner Jugend hießen Gerd Zewe, der Ex-Saarbrücker Wolfgang Seel, Klaus Allofs und Gerd Zimmermann. Sonst sind Berührungspunkte mit Düsseldorf selten geworden. Seine Eltern sind an die Weinstraße verzogen, Jurgeleit fühlt sich mit Schleswig-Holstein verbunden. Mit Frau und Sohn lebt er in Kiel, beim Traditionsclub Holstein ließ er seine Karriere 2003 ausklingen. Danach war er Co-, Interims-Trainer und Sportdirektor. Mit Trainer Frank Neubarth hatte er einen Dreijahresplan erarbeitet, der für die „Störche“ in der 2. Liga münden sollte. Im Herbst 2006 trennten sich die Wege von Holstein Kiel und des Duos aufgrund nicht erfüllter Erwartungen.

„Ich möchte im Norden bleiben“, stand für Jurgeleit fest. Ebenso die Treue zum Fußball und der Wunsch nach einem Engagement als Übungsleiter („Ich stehe lieber auf dem Platz“). Möglichst hochklassig. Nur: Es gibt relativ viele ehemalige Profis, die um die relativ wenigen Trainer-Posten buhlen. Und im Land zwischen den Meeren ist die Regionalliga das Höchste der Gefühle.

Es folgten zwei durchaus erfolgreiche, aber auch kurze Jobs, zum einen bei Verbandsligist VfR Horst, zum anderen beim Hamburger Landesligisten FC Elmshorn. Beide Male zeigte sich, dass Ansprüche und Perspektiven der Clubs und von Jurgeleit auseinanderklafften.

Im August ist der 46-Jährige beim ambitionierten ETSV Weiche gelandet. Der Flensburger Stadtteil-Club spielt in der Schleswig-Holstein-Liga, eine „Klasse unterhalb der Regionalliga“, wie der ehemalige Bundesliga-Kicker betont. Drei Mal die Woche fährt er zum Training an die Bredstedter Straße. Er fühlt sich gut aufgenommen: „Die Jungs ziehen gut mit, auch wenn ich manchmal vielleicht etwas zu viel will.“ Es hat in Weiche schon Verwunderung geben. „Jurgeleit vergisst manchmal, dass unsere Spieler noch einen Beruf haben“, ist zu hören. „Ich möchte etwas bewegen“, sagt er. Den neunten Platz aus der vergangenen Saison sieht er als Vorgabe, „möchte besser abschneiden“ und hofft, dass der ETSV in der Lage ist, um den fünften Platz mitzuspielen – derzeit ist es Rang zwölf. Jurgeleit weiß: Glückliche Punktgewinne in der Nachspielzeit sind dafür auf Dauer nicht genug. „Wir müssen in unseren Leistungen stabiler werden.“

Zur Person
Daniel Jurgeleit wurde am 15. Dezember 1963 in Düsseldorf-Ratingen geboren. Er ist ausgebildeter Elektriker und absolvierte nach seiner Fußball-Karriere ein Fernstudium zum Sportfachwirt.
Nach zehn Jahren als Jugendspieler von Fortuna Düsseldorf zog es den Stürmer 1982 zur SG Union Solingen, ehe er 1988 für fünf Jahre zum FC Homburg kam. Bis zu seinem Karriereende 2003 waren weitere Stationen Spvgg. Unterhaching, VfB Lübeck, Eintracht Braunscheig und Holstein Kiel. Mit 117 Treffern liegt er in der ewigen Torjägerliste der 2. Liga auf Platz 6.
Als Sportkaufmann ist Jurgeleit, der mit Frau und Sohn in Kiel lebt, heute im Marketing-Bereich einer Flensburger Firma tätig. Als Fußball-Trainer möchte er im Profi-Bereich arbeiten.

Veröffentlicht am 8. September 2010 in der Saarbrücker Zeitung.

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