Michael Kostner: „Baluuuuuuu“

Ex-Profi Michael Kostner sagt: „Hätte ich nochmal die Chance, wäre ich mehrfacher Millionär“

Ampfing. Peter Neururer sagte als Trainer des Fußball-Bundesligisten 1. FC Saarbrücken über seinen Lieblingsspieler: „Er ist der beste Libero Deutschlands.“ Der damalige Bundestrainer Berti Vogts sagte über den selben Spieler: „Er ist der beste Libero – des Saarlandes.“ Spielübersicht, ein Auge für freie Mitspieler, guter Freistoß- und Elfmeterschütze. Aber auch unbeherrscht, manchmal disziplinlos, nicht immer Herr seiner Nerven.

Es geht um Michael Kostner. Was macht der Ex-Profi des FCS und des FC Homburg? Er verdient sein Geld als Autoverkäufer im bayerischen Waldkraiburg. Wenige Kilometer entfernt, in Ampfing, wohnt der 40-Jährige mit Frau und vier Kindern – neben dem Sportplatz des Bezirksoberligisten TSV Ampfing, bei dem er Trainer und sportlicher Leiter ist.

„Wir fühlen uns hier sauwohl. Seit vier Wochen bin ich wieder verheiratet, gerade zum dritten Mal Vater geworden“, erzählt „Balu“, wie ihn Fans im Stadion gerufen haben. Seine erste Ehe wurde 2005 nach 18 Jahren geschieden. Seit 2007 ist Kostner beim TSV. „Damals gab’s viele Angebote, aber mir ging es nicht ums schnelle Geld, sondern um meine Zukunft. Ich bin jetzt 40 und muss schauen, wie es weitergeht. Das Angebot in Ampfing sah vor, dass ich die Umschulung zum Bürokaufmann machen konnte.“

Job, Familienglück, Nähe zum Fußball: Es läuft gut für den ehemaligen Libero. Das war nicht immer so. Eine schwere Zeit hatte er bei Wacker Burghausen. 2000 nach Ärger mit Trainer Rainer Hörgl suspendiert, wurde er vom Profi zum Platzwart. „Ich habe bei Wacker meine Trainerscheine gemacht und recht erfolgreich Jugendmannschaften trainiert. Als es um die Frage ging, mich hauptamtlich als Trainer anzustellen, wurde mir nur die Stelle als Platzwart angeboten. Ich war mir dafür nicht zu schade. Mir war die Aussicht auf eine Festanstellung als Trainer wichtig“, sagt Kostner.

Die Zeit als Platzwart war nicht einfach. „Vor allem, wenn Spiele waren und die Gastmannschaft trainierte. Da kannte man ja einige – das war unangenehm. Aber ich habe es für meine Familie gemacht. Da musste ich durch, irgendwie mussten wir den Kopf über Wasser halten.“ Nach blauäugigen, verlustreichen Immobiliengeschäften hatte Sicherheit Priorität. Dennoch war er schockiert: „Ich dachte ,Seid ihr bescheuert? Ich geh‘ hier nicht raus und mach den Platzwart‘. Aber es gab keine Alternative. Ich sagte mir irgendwann ,Komm‘, scheiß drauf, das ziehst du durch und dann kriegst du die Festanstellung‘.“ Die bekam er nach zwei Jahren als Trainer der Reserve. Zwei Mal konnte der DFB-Pokalsieger mit Eintracht Frankfurt (1988) mit den Amateuren aufsteigen, ehe sich die Wege 2006 aus finanziellen Gründen trennten.

Die Zeit in Saarbrücken bezeichnet „Balu“ als seine „mit Abstand schönste im Profi-Fußball. Ich wollte beim FCS bleiben, trotz Abstieg in die 2. Liga. Der Verein sagte mir aber: ,Wir müssen dich verkaufen‘. Mir wurde von Fans vorgeworfen, das sinkende Schiff zu verlassen. Genau das wollte ich ja nicht.“ Mit dem Hamburger SV musste er nach dem Wechsel in der ersten DFB-Pokalrunde zum FCS. „Ich wurde ausgepfiffen, Zuschauer riefen ,Judas‘. Das hat mich mitgenommen. Journalisten fingen mich nach dem Spiel ab, und ich sagte, dass ich es asozial finde, wie die Leute sich benehmen. Am nächsten Tag stand in der Bild-Zeitung: ,Kostner beleidigt 1,1 Millionen Saarländer als Asoziale‘. Das sitzt noch tief. Bei mir und den FCS-Fans. Das kann man auch nicht mehr zurecht rücken, und man muss damit leben.“

Wie mit der Gewissheit nach 13 Jahren als Profi, dass er nicht alles richtig gemacht hat: „Hätte ich nochmal die Chance, wäre ich mehrfacher Millionär. Ich hatte das Talent, mehr als ,nur‘ Bundesliga-Spieler zu sein. Ich würde mich zehn Jahre nur auf Fußball konzentrieren. Wenn du erst einmal in dem Fahrwasser bist, genießt du das Leben, weil: Kohle hast du ja. Und ich wäre diplomatischer. Früher hab‘ ich gesagt, was ich gedacht hab‘. Heute überlege ich vorher, ob es mir was nützt.“

Der gebürtige Münchner, der für eine Schulung bei Peugeot bald wieder ins Saarland kommt, sagt aber auch: „Es war trotzdem eine schöne und lehrreiche Zeit. Ich bin immer meinen Weg gegangen, und ich bin fast überall angeeckt. Aber ich kann in den Spiegel schauen – und das ist für mich wichtig.“

Zur Person

Michael Kostner spielte als Fußballprofi bei Eintracht Frankfurt (1987 bis 1989), Kickers Offenbach (bis 1991), 1. FC Saarbrücken (bis 1993), Hamburger SV (bis 1995), FC Homburg (bis 1996) 1. FC Köln (bis 1998), und Wacker Burghausen (bis 2000). Trainer war er bei Wacker Burghausen II (2002 bis 2006), ESV Freilassing (bis 2007). Seit 2007 trainiert er den beim TSV Ampfing.
Den Spitznamen „Balu“ hat ihm in seiner Zeit beim 1. FC Saarbrücken Matthias Hönerbach, derzeit Co-Trainer bei Werder Bremen, verpasst: „Wir hatten damals drei Michaels in der Mannschaft: Preetz, Krätzer und mich. Matthias sagte dann, ich hätte die Ruhe wie Balu der Bär aus dem Disney-Film Dschungelbuch. Und jetzt hat sogar mein Sohn Kevin den Namen übernommen, weil es in seiner Mannschaft drei Kevins gab und ein Vater das so vorgeschlagen hatte.“

Veröffentlicht an Weihnachten 2009 in der Saarbrücker Zeitung.

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